Eingewöhnung in die Kita

Leichter loslassen – Eingewöhnung braucht Ruhe und Zeit
Dem ersten Tag als Kita- oder Schulkind wird zumeist entgegengefiebert. Ist er erst einmal da, ist es nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Erwachsenen aufregend. Kinder, Eltern und Erzieher*innen müssen einander vertrauen, um die neue Situation zu meistern. Das braucht Zeit. In Potsdam haben Familien einen Rechtsanspruch auf eine zehntägige Eingewöhnung vor dem eigentlichen Start des Kita-Aufenthaltes. In dieser Phase sollen die Kinder lernen, sich von den Eltern abzunabeln.
In den meisten Potsdamer Tagespflegestellen und Kitas erfolgt die Eingewöhnung entsprechend dem Berliner Eingewöhnungsmodell nach infans. Das Modell des Berliner Instituts für angewandte Sozialisationsforschung/Frühe Kindheit e.V. stützt sich auf die Bindungstheorie von John Bowlby und geht von einer Eingewöhnungszeit aus, die je nach Kind zwischen ein bis drei Wochen, mindestens aber drei Tage dauert. Wichtig ist dabei, dass das Kind das Tempo seiner Eingewöhnungszeit selbst bestimmen kann. Die Aufnahme von Kindern in den Alltag einer Kita ist niemals Routine. Darum und wegen der organisatorischen Abläufe in den Einrichtungen und der persönlichen Belange der Eltern gibt es mitunter Abweichungen.
Eingewöhnung in Phasen
Nach dem Berliner Modell erfolgt die Eingewöhnung des Kindes in vier Phasen. In den ersten drei Tagen, der sogenannten Grundphase, kommen Mutter oder Vater möglichst immer zur gleichen Zeit für eine Stunde mit dem Kind in die neue Gruppe und gehen dann gemeinsam wieder nach Hause. In dieser Phase sollten die Eltern eher passiv sein und ihr Kind nicht dazu drängen, sich von ihnen zu entfernen, sondern als „sicherer Hafen“ in der Nähe sein. Die Erzieher*innen nehmen vorsichtig über Spielangebote Kontakt zu dem Kind auf, ohne es zu drängen.
Erst am vierten Tag lassen die Eltern das Kind probehalber für eine Weile allein in der Einrichtung. In dieser Stabilisierungs- und Trennungsphase verabschieden sie sich wenige Minuten nach der Ankunft im Gruppenraum vom Kind, bleiben aber in der Nähe. Zeigt sich das Kind davon unbeeindruckt oder lässt sich nach kurzem Weinen schnell beruhigen, kann die Trennung auf dreißig Minuten ausgedehnt werden. Wirkt das Kind nach der Trennung jedoch verstört, müssen Mutter oder Vater sofort zurückgeholt werden. Die Reaktion des Kindes auf diesen ersten Trennungsversuch entscheidet über die Länge der Eingewöhnung. Zeigt es sich durch die Trennung wenig irritiert, ist die Eingewöhnung meist nach sechs weiteren Tagen geschafft. Wenn das Kind sehr weint und sich auch von den Erzieher*innen nicht trösten lässt, braucht die Eingewöhnung mehr Zeit.
Die Schlussphase beginnt, wenn der Nachwuchs zu den Erzieher*innen ein emotionales Band geknüpft hat und sich trösten lässt. In dieser Phase verlassen die Eltern die Einrichtung, sind aber jederzeit erreichbar und schnell in der Einrichtung, wenn die Situation es verlangt.
Bauchgefühl und miteinander reden
Es gilt folgende Faustregel: Je sensibler die Eingewöhnung abläuft, desto geringer ist die Belastung für alle Beteiligten. In einem Vorgespräch sollten Eltern die künftige Betreuungsperson über Besonderheiten und Bedürfnisse ihres Kindes informieren. Im Gegenzug sollten Eltern erfahren, wie der Tagesablauf in der Einrichtung ist und wie die Betreuungsperson und das Kind harmonieren. Wenn Eltern den Kontakt zwischen Kind und Erzieher*in positiv und entspannt wahrnehmen, ist eine wichtige Voraussetzung erfüllt, um loslassen zu können.
Ganz wichtig: Eltern sollten offen über ihre Wünsche sprechen. Hilfreich ist es auch, die Blickwinkel und Verhaltensmöglichkeiten aller Beteiligten aufzuzeigen. Damit die Eltern nicht klammern, ist eine gute Kommunikation mit den Betreuungspersonen unverzichtbar. Nur wer sich aufgehoben und verstanden fühlt, kann richtig loslassen. Besonders schwierig ist es für Eltern festzustellen, ob die Einrichtung zum eigenen Kind passt, obwohl sie ihnen selbst vielleicht nicht hundertprozentig zusagt. Das erfordert Fingerspitzengefühl.
Kurzzeitbetreuung in Notsituationen
Deutlich weniger Zeit für die Eingewöhnung hat die Kurzzeit-Kinderbetreuung (KuKi), die die Potsdamer Kinderwelt seit 2015 anbietet. Das liegt in der Natur der Sache. Das Angebot ist als Ergänzung zur Kinderbetreuung in der regulären Kita gedacht und richtet sich folglich an Eltern mit Kindern, die daran gewöhnt sind, einige Stunden ohne Mutter oder Vater zu verbringen. Es geht bei der KuKi darum, Eltern in Notsituationen zu helfen oder wenn Job und Kita-Zeiten nicht zusammenpassen. Die Fachkräfte der Kinderwelt kommen bei Bedarf auch in Unternehmen oder nach Hause. Für Kinder, die relativ kurzfristig in die Kurzzeit-Betreuung (in der Regel für vier Stunden zwischen 8 und 20 Uhr) gebracht werden, gilt ein verkürztes Eingewöhnungsmodell.
Ein Treffen vorab mit Eltern, Kind und Pädagogin ist auch in der KuKi Pflicht. Einfach so vorbeikommen, das Kind abgeben und weggehen gibt es in der KuKi nicht. In der Regel melden sich hilfesuchende Eltern spätestens am Vortag. Auch für die Kurzzeitbetreuung wird empfohlen, Zeit einzuplanen, um eine Weile dabei zu bleiben. Danach sollten Eltern selbstverständlich erreichbar sein.
Für Kinder, die längere Zeit in der KuKi sind, gilt das Berliner Eingewöhnungsmodell. Man richtet sich dabei nach den Bedürfnissen der Kinder und plant im Durchschnitt für die Eingewöhnung drei Wochen ein. Da die Kinder nur eine relativ kurze Zeit in der KuKi sind, wird besonderer Wert auf Empathie und eine positive Erfahrung mit Fremdbetreuung gelegt.