Das Familienmagazin für Potsdam und Umgebung

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Illustration: strichfiguren.de/AdobeStock

Des Guten zuviel?

Der Anspruch an das, was Kin­der leis­ten sol­len, ist deut­lich gestie­gen. Das meint auch Annet­te Drei­er, Pro­fes­so­rin für „Päd­ago­gik der Kind­heit“ an der Fach­hoch­schu­le Pots­dam. Sie lei­tet dort den Stu­di­en­gang „Bil­dung und Erzie­hung in der Kind­heit“. Das Inter­view führ­te Maren Herbst.

Frau Drei­er, wie sieht sinn­vol­le kind­li­che För­de­rung aus?

Prin­zi­pi­ell wich­tig ist ein ent­wick­lungs­be­zo­ge­nes Ange­bot für das Kind, das sei­nen Inter­es­sen folgt. Eltern soll­ten genau hin­se­hen, was ihr Kind tun möch­te und braucht. Ange­bo­te, die die Inter­es­sen der Kin­der auf­grei­fen, sind gut. Klei­ne Kin­der zei­gen ihre Inter­es­sen durch ihre Neu­gier. Bei Klei­ne­ren und Grö­ße­ren ist es gut, ihrem Wis­sen­durst zu fol­gen und zum Bei­spiel auf ihre Ent­de­ckungs- und Bewe­gungs­lust ein­zu­ge­hen. Es kommt dabei dar­auf an, eine gute Balan­ce zu fin­den und den Kin­dern zwi­schen Akti­vi­tät und Pas­si­vi­tät genug Spiel­raum zu las­sen. Eltern, aber auch Leh­re­rin­nen und Leh­rer, erwar­ten manch­mal zu früh zu viel von den Kin­dern. Sei­tens der Erwach­se­nen ist aber vor allem Fein­füh­lig­keit wich­tig. Kin­der soll­ten empa­thisch, sen­si­bel und auf­merk­sam beob­ach­tet und beglei­tet werden.

Sind Eltern heut­zu­ta­ge zu ehrgeizig?

Der Anspruch an das, was Kin­der leis­ten sol­len, ist deut­lich gestie­gen. Man­che Grund­schü­ler haben einen Tages­ab­lauf wie ein Mana­ger. Dabei ste­hen auch Eltern unter Druck, ihre Kin­der könn­ten etwas ver­pas­sen, wenn sie nicht alle Chan­cen und Ange­bo­te nut­zen. Es gibt ja auch Eltern­rat­ge­ber, die von bestimm­ten „Zeit­fens­tern“ spre­chen, in denen Kin­der unbe­dingt Eng­lisch oder Gei­ge ler­nen müss­ten. Die­se Theo­rien hal­te ich für Quatsch. Kin­der kön­nen an die­sem Druck zum „Vie­les schnell kön­nen müs­sen“ auch zerbrechen.

Wel­che Rol­le spielt die Schule?

Stu­di­en zei­gen, dass sich die Bezie­hung von Kin­dern zu ihren Eltern, ins­be­son­de­re zu ihren Müt­tern, mit der Ein­schu­lung lei­der ver­schlech­tert. Das liegt unter ande­rem dar­an, dass vor allem den Müt­tern die Rol­le zukommt, Ter­min­plä­ne und Pflich­ten ihrer Kin­der zu über­wa­chen und das Lern­pro­gramm der Schu­len auch zu Hau­se mit „abzu­ar­bei­ten“. In Skan­di­na­vi­en hin­ge­gen küm­mern sich die Leh­re­rin­nen und Leh­rer um die Kin­der, wenn etwas nicht klappt. Sie haben den Anspruch, dass jedes Kind gut mit­kommt in der Schu­le. In Deutsch­land wird das lei­der zu einer Auf­ga­be der Eltern gemacht. Hier lie­gen noch vie­le Her­aus­for­de­run­gen für Päd­ago­gin­nen und Päd­ago­gen, denn eine neue Stu­die aus den USA zeigt, dass für die Qua­li­tät der Schul­bil­dung vor allem eine gute Bezie­hung zwi­schen Leh­rern und Schü­lern ent­schei­dend ist.

Was raten Sie?

Eltern soll­ten sich Zeit mit ihren Kin­dern bewah­ren und genie­ßen, wie sich ihre Kin­der ent­wi­ckeln. Gera­de das früh­kind­li­che Alter ist das inten­sivs­te Lern­al­ter. Es macht viel Spaß, Kin­der bei ihrem Ler­nen und Genie­ßen zu beglei­ten. Für eine gesun­de kör­per­li­che und see­li­sche Ent­wick­lung von Kin­dern ist eine lie­be­vol­le Umge­bung aus­schlag­ge­bend, und auf die­ser Basis des Wohl­be­fin­dens ler­nen Kin­der am bes­ten. Zustim­mung und Zutrau­en zum Kind sind dabei die wich­tigs­te Unter­stüt­zung sei­tens der Erwach­se­nen. Grund­sätz­lich kann man sagen: Die meis­ten Kin­der brau­chen kei­ne „Beschäf­ti­gung“, son­dern eine inter­es­san­te Umge­bung, Men­schen, die sie mögen und unter­stüt­zen, und vie­le Freunde!

Aus Pots­Kids! Dezember/Januar 2014/15

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