… dieser Satz ist mir in fast allen Interviewgesprächen und auch Ratgebern begegnet und er geht mir als Mutter gleich an die Nieren – „Ja, unvorstellbar“. Ich erinnere mich genau: Als mein Sohn geboren wurde, habe ich immer sofort das Radio ausgestellt, wenn von Missbrauch oder Misshandlung von Kindern die Rede war – ich habe es einfach nicht ertragen – dabei habe ich in der Jugendhilfe gearbeitet, Kinder und Jugendliche betreut, denen diese unvorstellbaren Dinge tatsächlich passiert waren. Und dennoch, sich vorzustellen, dass dies dem eigenen Kind widerfahren könnte …
Kinderschutz ist nicht nur Schutz vor sexuellem Missbrauch, sondern bezieht sich auf jede Gefährdung des Kindeswohles. In den Gesprächen mit Fachleuten zum Kinderschutz spielten alle diese Themen eine Rolle, wobei wir konkret auch Fragen zum Themenbereich sexueller Missbrauch gestellt haben. (Nicole Luft)
Potsdam hat einige Angebote zum Kinderschutz – da gibt es zum Beispiel verschiedene Beratungsstellen für Eltern, Erzieher*innen, Lehrer*innen und andere Personen aus dem Umfeld von Kindern und Jugendlichen. Diese Beratungsstellen haben unter anderem die Aufgabe, Gefährdungssituationen gemeinsam einzuschätzen und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Sie können Familien, in denen das Kindeswohl gefährdet ist, bei der Suche nach Unterstützung helfen, sofern diese dies wollen, und bieten auch selbst Unterstützungsangebote an. In den letzten Monaten wurden diese Angebote verstärkt genutzt.
Die Polizei hat ein Präventionsangebot „Gehe nicht mit jedem“ für Zweitklässler und auch der STIBB e.V. bietet Prävention in Kitas und Schulen an.
Auch wenn die meisten Täter*innen nachweislich dem Kind oder Jugendlichen nahestehende Personen sind, sind dies wichtige Angebote, die Kinder befähigen sollen, sich in schwierigen Situationen mit fremden Erwachsenen zu helfen.
Alle Mitglieder einer Gesellschaft haben die Verpflichtung, Kinder zu schützen. Die meisten Erwachsenen wollen dies auch tun, sind sich mitunter aber unsicher, wie genau sie dies machen können. Sie möchten ja niemanden zu Unrecht beschuldigen oder durch ihr Handeln alles vielleicht noch schlimmer machen. Wenn wir Kindern in Situationen helfen wollen, die ihr Wohl und ihre Gesundheit gefährden, dann dürfen wir insbesondere in Situationen, in denen Kinder auf uns zukommen und direkt oder indirekt um Hilfe fragen, nicht wegschauen oder gar die Gefährlichkeit der Situation wegleugnen. Ein Kind oder Jugendlicher muss in Deutschland im Durchschnitt acht Erwachsene ansprechen, bevor er oder sie Hilfe bekommt! Das sollte in einer so aufgeklärten Gesellschaft wie der unseren so nicht sein.
Doch nicht allein Gleichgültigkeit ist die Ursache. Oft reden wir uns ein, „dass dies doch nicht sein kann“. Die entstehenden Schuldgefühle, weil man ein Kind – möglicherweise das eigene – nicht schützen konnte, sind für die meisten Menschen enorm, doch das sollte nicht dazu führen, das Geschehen kleinzureden. „Das kann ich mir nicht vorstellen“ oder „Das ist bestimmt übertrieben, so schlimm ist das gar nicht“ sind Vermeidungsstrategien, um das Unfassbare nicht denken zu müssen. Doch die Fachleute können erst dann handeln, wenn bei ihnen etwas ankommt! Daher bitte hinschauen, sensibel sein und das Kind mit einbeziehen.
Kinderschutz wird nicht nur bei einer Gefährdung durch sexuellen Missbrauch zum Thema, sondern auch bei Misshandlung, Verwahrlosung, Vernachlässigung und anderen, das Kindeswohl gefährdenden Situationen, die für Kinder zum Teil ebenso traumatisch und sogar lebensbedrohlich sein können. Wann ist der Gang zum Jugendamt oder zur Polizei angesagt? Soll man die Familie oder das Kind direkt auf die Beobachtungen, die man gemacht hat, ansprechen?
Wir haben mit Nicole Becker von der EJF Beratungsstelle Lösungsweg Potsdam und Annelie Dunand vom STIBB e.V. gesprochen. Diese beiden Familien- und Erziehungsberatungsstellen können alle Menschen kontaktieren, wenn sie den Verdacht haben, dass das Wohl eines Kindes oder Jugendlichen gefährdet ist. Auch können sich Kinder und Jugendliche direkt dorthin wenden, wenn sie Unterstützung suchen! Hier die zusammengefassten Themen und Ergebnisse dieser beiden Gespräche:
Sich zuallererst Rat bei Fachleuten holen, zum Beispiel bei einer der vier Familien- und Erziehungsberatungsstellen in Potsdam! Auch Kinderärzt*innen oder das Kinderschutzteam des Klinikums Ernst von Bergmann kommt zur Abklärung von Verletzungen infrage.
Annelie Dunand empfiehlt, dem Kind ein Signal zu geben, dass man seine Not erkennt und ihm Hilfe anbietet – ganz allgemein gehalten. Bevor man jemanden, den man des sexuellen Missbrauchs verdächtigt, damit konfrontiert, sollte man sich unbedingt beraten lassen. Auch bevor man das Kind, einen Elternteil oder Dritte im Umfeld direkt anspricht, ist es ratsam, sich vorher beraten zu lassen, so Nicole Becker. In Potsdam haben Kinderschutzangelegenheiten eine hohe Priorität. Beratungsstellen werden innerhalb von 24 Stunden tätig, wenn Dringlichkeit geboten ist.
Wenn man mehr als nur einen Verdacht hat und ganz konkret von einer Kindeswohlgefährdung weiß, kann man sich auch direkt an das Jugendamt oder die Polizei wenden. Im Jugendamt sind die Regionalteams zuständig, aber auch jede andere Stelle im Jugendamt wird einem helfen, den richtigen Ansprechpartner zu finden.
Wie es weitergeht, kommt natürlich auf die konkrete Situation an. Ziel ist immer das Abstellen der Gefährdungssituation – mit den geeigneten Maßnahmen, aber auch mit den mildesten Maßnahmen, die dazu geeignet sind. Für viele Situationen im Bereich Kinderschutz bedeutet dies nicht die Herausnahme des Kindes oder Jugendlichen aus der Familie. Es herrscht hier oft noch die Vorstellung „Wenn ich das Jugendamt anrufe, werden die Kinder aus der Familie genommen.“ Das stimmt so nicht unbedingt. Wenn sich die Gefährdung auch anders abstellen lässt, werden die Kinder in der Familie belassen, denn Eltern sind für Kinder die zentralen Figuren in ihrem Leben.
Bei der Einschätzung der Gegebenheiten spielen natürlich viele Dinge eine Rolle: Was ist es für eine Situation, geht es um Missbrauch, Misshandlung oder Vernachlässigung? Wie alt ist das Kind? Sind die Eltern kooperativ bei Gesprächen mit dem Jugendamt? Möchten sie die Situation vielleicht sogar selbst verändern? Das Jugendamt hat die Möglichkeit, Rücksprache zu nehmen mit Kita, Schule, Kinderarzt usw. und sich so mehrere Außenperspektiven einholen. Es wird gemeinsam ein Schutzplan erarbeitet, um die Gefährdungssituation zu beenden, mit Angeboten zur Unterstützung für die Eltern und natürlich für die Kinder und Jugendlichen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie zum Beispiel flexible Familienhilfe, Erziehungsberatung, Therapieangebote oder die Kindergruppe Bärenbande®.
Die Herausnahme eines Kindes aus einer Familie passiert nur als letzter Schritt – mit dem Ziel, die jetzige gefährdende Situation abzustellen, damit das Kind eventuell später wieder in die Familie zurückkann.
Bei STIBB e.V. stehen die Kinder im Zentrum und auch die Eltern werden unterstützt und haben jeweils eigene Berater*innen.
Es gibt in dem Sinne keine spezifischen Symptome, weil es für vieles, was passiert, auch andere Erklärungen geben kann als die Kindeswohlgefährdung. Alles was eine Veränderung ist, kann man im Blick behalten, zum Beispiel einen Säugling, der plötzlich Tag und Nacht schreit, oder einen, der plötzlich gar nicht mehr zu hören ist. Weitere Signale sind lautstarke Auseinandersetzungen, die Häufung von Verletzungen, eine Veränderung im Verhalten des Kindes, das sich vielleicht plötzlich zurückzieht, obwohl es vorher offen und gesprächig war – auch Kinder, die zu Zeiten alleine unterwegs sind, wenn sie eigentlich in der Schule sein sollten, oder die nachts auf der Straße unterwegs sind. Die Schwierigkeit ist hier, wie lange man abwartet. Kinderschutz ernst nehmen heißt auch, nicht zu lange zuzuschauen. Und dennoch ist es wichtig, nicht überzureagieren und die eigenen Beobachtungen zu hinterfragen! Im Zweifelsfall sollte man eine der Beratungsstellen anrufen.
Kinder und Jugendliche, die sexuelle Gewalt erleben, suchen nach Verbündeten, nach Menschen, denen sie vertrauen, die ihnen glauben und sie respektieren. Sie testen, ob diese offen und in der Lage sind, über die Problematik zu sprechen und diese auszuhalten. Möglicherweise gilt es auch, andere Personen zu finden, zu denen das Kind eine vertrautere Beziehung hat, von denen es Beistand und Unterstützung erwarten kann.
Auch das ist abhängig davon, was das Kind erzählt, aber es gibt Dinge, die nicht geheim gehalten werden dürfen und die gemeldet werden müssen – damit ist unter anderem sexueller Missbrauch gemeint. Daher ist es wichtig, dem Kind vorher zu sagen, dass man nicht versprechen kann, alles geheim zu halten, damit es nicht das Gefühl hat, man missbrauche sein Vertrauen. Erster Grundsatz als Erwachsener: Das Kind schützen, seine Sorgen ernst nehmen und ihm erklären, dass man „so etwas“ nicht geheim halten darf. Manchmal hilft es dem Kind auch zu sagen, dass man damit auch andere Kinder schützt. Manche Kinder brauchen die Erlaubnis, dass sie „es“ erzählen dürfen.
Je nach Alter des Kindes kann und sollte man gemeinsam überlegen, wie die Situation verändert werden kann und die Wünsche und Ideen des Kindes zur Lösung aufnehmen. Man kann Unterstützungsmöglichkeiten anbieten, zum Beispiel gemeinsam zu einer vertraulichen Beratung zu gehen oder gemeinsam mit der Mutter, dem Vater, der Oma etc. zu reden. Wichtig ist es, immer an der Seite des Kindes zu bleiben und das Kind mit seinem Problem nicht alleine zulassen – zu signalisieren „Ich bin da!“ und Verantwortung für den weiteren Verlauf zu übernehmen.
Nicht wegschauen! Bitte hinschauen, den Gedanken zulassen – so unvorstellbar er auch ist. Für manche Eltern ist die Versuchung groß, sich selbst einzureden „Da wird schon nichts sein“, „Ich kann mir das so und so erklären“, „Der Opa doch nicht“. Der Gedanke, dass Missbrauch dem eigenen Kind passiert sein könnte, ist schrecklich, und dass man es selbst eine gewisse Zeit lang nicht mitgekriegt hat, für manche noch viel schrecklicher. Dazu kommt die Unsicherheit: „Was tue ich jetzt?“ Wenn man den Verdacht hat, gibt es oft auch einen ersten Impuls „Ich muss mit dem Kind reden!“ Doch Vorsicht, je nach Alter und Situation ist es sehr viel sinnvoller, sich vorher beraten lassen, bevor man blind agiert. Denn wenn man selbst mit betroffen ist, weil es um das eigene Kind, die Enkelin oder den Neffen geht, ist die Gefahr noch größer, Dinge zu bewerten, statt sie zu beschreiben! Es gilt, zu beobachten und systematisch Fakten zusammenzutragen, um die Gefährdung einzugrenzen und um die Ergebnisse in der Beratung schildern zu können.
Und wenn das Kind erzählt? Auf jeden Fall das Kind ernst nehmen, Kinder denken sich in aller Regel sexuelle Übergriffe nicht aus. Es einfach offen und frei erzählen lassen, nicht nachfragen, nicht nachbohren oder Suggestivfragen stellen! Und auf gar keinen Fall Vorwürfe machen: „Warum hast du mir das nicht früher erzählt? Ich hätte doch etwas gemacht.“
Durch eigene frühe Deutungen können Kinder zusätzlichen Schaden nehmen, zum Beispiel, wenn durch Interpretationen oder Bewertungen von Seiten der Eltern die Situation emotional noch negativ verstärkt wird. Stattdessen gilt es, das Kind zu entlasten: „Ich kümmere mich darum“, „Gut, dass du das mir erzählt hast“. Aber auch das Bedauern ausdrücken: „Es tut mir leid, dass du das erleben musstest“ – das Kind soll sich wahr- und ernstgenommen fühlen. Im Zentrum dieser Situation steht das Kind! Hilf ihm!
Mit Kirstin Weigmann-Steckel von redensART haben wir uns ebenfalls zum Thema Kinderschutz ausgetauscht. Sie hat vor allem das pädagogische Fachpersonal im Blick. Die Kinderschutzexpertin (nach § 8a SGB VIII) begleitet und unterstützt dieses schon seit 13 Jahren mit Seminaren, Supervision und Beratung.
Kinderschutz ist eines Ihrer Schwerpunktthemen – warum?
Das Thema Kinderschutz liegt mir besonders am Herzen. Ursprünglich habe ich das Thema Kinderschutz im Unternehmen „MenschensKinder“ in Teltow mit etabliert – dort haben wir angefangen, einheitliche Richtlinien für die Kolleg*innen zu erarbeiten und aus den vielen Handlungsspektren und -empfehlungen, die es gibt, so eine Art konkreten Leitfaden zu entwickeln – mit einheitlichen Richtlinien.
Wer kommt zu Ihnen, um sich zum Thema Kinderschutz beraten zu lassen?
Erzieher*innen, Teams, Kitaleitungen, pädagogische Fachkräfte jeder Art, Amtsvormünder, Regionalteams, Mitarbeiter*innen des Jugendamts und der ambulanten und flexiblen Hilfen. Eher selten das soziale Umfeld von Betroffenen, wie Nachbarn oder Verwandte, und kaum Eltern. Was wohl auch daran liegen mag, dass meine Beratung nicht kostenlos ist.
Warum ist Kinderschutz als Thema in der Kita Ihrer Meinung nach so wichtig?
Die Kita ist eine sehr gute Anlaufstelle, weil die Kinder dort viel Zeit verbringen. Erzieher*innen spielen beim Kinderschutz eine Schlüsselrolle. Je fitter sie sind, je besser im Team aufgestellt und je gründlicher sie schauen dürfen, sich auseinandersetzen dürfen, desto besser der Kinderschutz. Erzieher*innen haben oft einen guten Draht zu den Eltern und können schon viel durch Gespräche bewirken, noch vor dem potentiellen Eingreifen des Jugendamts.
Erzieher*innen im Kitakontext sind derzeit oft die Geschulteren und teilweise auch Mutigeren, was das Thema Kinderschutz angeht. In Kitas gibt es mittlerweile auch immer wieder ausgebildete Multiplikator*innen für Kinderschutz, teilweise gibt es sogar trägereigene „Insoweit erfahrene Fachkräfte“ (Anm. d. Red.: Das sind in der Kinderschutzarbeit speziell qualifizierte Fachkräfte, die Pädagog*innen beraten und gemeinsam Einschätzungen zur Gefährdung des Kindeswohles geben). Lehrer*innen sind da leider oft noch weit von entfernt.
Woran liegt das?
Das liegt meiner Meinung nach daran, dass Lehrer*innen einen Bildungsauftrag haben und die Pädagogik in dem Studium nicht ganz so großgeschrieben ist. Die Lehrer*innen, die bei mir Beratung suchen, das sind die ganz engagierten oder die ganz besorgten, die selbst auch schon Bauchschmerzen mit der Situation haben. Schulen haben zwar auch Handlungsrichtlinien, aber die sind im Kollegium nicht sehr präsent. Es ist natürlich auch so, dass Lehrer*innen an sich häufig schon so überlastet sind, mit dem was sie noch zusätzlich leisten müssen, ich könnte mir vorstellen, dass sie darum dieses Feld oft aussparen. Daher müsste Schulsozialarbeit eigentlich an allen Schulen und in guter Besetzung sein.
Was empfehlen Sie Erzieher*innen und anderen Pädagog*innen, wenn sie sich mit dem Thema Kinderschutz auseinandersetzen?
Wichtig ist es, individuell auf jede Familie einzeln zu schauen und das Bestmögliche für das Kind zu überlegen. Aber auch Beobachtungen von Emotionen zu trennen. Kinderschutz kann nicht festgemacht werden an den Erfahrungen und der Biografie der Erzieher*in/Pädagog*in selbst, die entscheidet, „wann etwas schlimm“ ist. Kinderschutz braucht ganz klare Handlungsrichtlinien, nämlich, dass erst einmal erkannt werden muss: Wann ist das Wohl gefährdet oder geht es dem Kind gut? Und geht es ihm nicht gut, was mache ich dann …
Am besten stellt man sich zunächst einmal die Frage: „Was ist es konkret, das mich beunruhigt?“. Notizen machen hilft, um eine Entwicklung nachzuvollziehen. Es stützt einen und macht Mut, wirklich etwas zu unternehmen, wenn man es so schriftlich vor sich hat. Wichtig ist: Je brisanter das Thema, desto konkreter und deutlicher muss man schauen.
Was passiert bei Ihnen in der Beratung genau?
Bei Supervisionen oder Beratungen schauen wir zusammen immer noch mal aufs Kind, auf den speziellen Fall und überlegen zum Beispiel, wie wir in der Kita oder auch im Jugendamt etwas für das Kind tun können. Auch Elterngespräche können hier vorbereitet werden: Wie kann man Eltern ansprechen, wer hat einen guten Draht zu den Eltern, was ist zu beachten?
Bei der Ansprache der Eltern sind Respekt und Wertschätzung wichtig, aber auch konkrete Verabredungen zu treffen. „Wir machen uns Sorgen …“, „Wir haben beobachtet …“ oder „Wo brauchen Sie Unterstützung?“ Eltern sind die Experten für ihre Kinder. Erst wenn es nicht gut läuft, dann müssen wir eingreifen.
Was hat es mit dem Handlungsleitfaden auf sich?
Es ist das Ansinnen, dass jede Erzieherin weiß, es gibt in meiner Einrichtung einen Handlungsleitfaden, es gibt Ansprechpartner*innen. Dann traut sich auch jede*r, mehr zu sehen und ist gefestigt als Ansprechpartner*in für diese Kinder, die auf unterschiedliche Art und Weise zeigen, dass sie Sorgen oder Probleme haben.
Der Handlungsleitfaden beinhaltet zum Beispiel, sich tatsächlich einmal im Vierteljahr unter Kinderschutzaspekten jedes Kind anzuschauen. Ohne diese Systematik des regelmäßigen, konkreten Hinschauens merkt man vieles im Alltag nicht. Und ganz wichtig: Dann muss festgelegt werden, ob das Kindeswohl in Ordnung ist, gefährdet ist oder vielleicht gefährdet ist. Ist etwas nicht okay, dann schaut man weiter: Was ist da eigentlich? Es gibt verschiedene kleine Bausteine, wie einen Erstverdacht, nochmal schauen, dranbleiben, mit Eltern sprechen … Das alles ist aufgeführt im Leitfaden.
Wie sieht es Ihrer Meinung nach mit dem Kinderschutz in Potsdam aus?
Potsdam hat viel Geld für Prävention in die Hand genommen: Familienzentren, Eltern-Kind-Gruppen, pädagogische Spielgruppen, Familienhebammen, die Beratungsstelle „Vom Säugling zum Kleinkind“, Familienbegrüßungsdienst. Die vielfältige Arbeit mit den verschiedenen Institutionen – das alles bietet eine gute Grundlage für Vernetzungen.
Und die Stadt Potsdam finanziert durch die hiesigen Beratungsstellen die „Insoweit erfahrenen Fachkräfte“, auf die jede pädagogische Fachkraft kostenlos und innerhalb von 24 Stunden zugreifen kann, wenn es nötig ist.
Außerdem kann sich jeder Mensch – jeder überforderte Vater oder Mutter, Großeltern, Schwester, Onkel etc. in Potsdam kontextlos und kostenlos für sieben Beratungen an eine Beratungsstelle wenden, wie zum Beispiel Lösungswege, Potsdamer Betreuungshilfe etc. Die Adressen findet man ja auch in Ihrem Magazin.
Und zum Abschluss?
Kinderschutz ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. Wir können nicht die Welt retten, aber wir können wirklich aufmerksam die uns anvertrauten Kinder beobachten und ernst nehmen. Das ist unsere Verantwortung!
redensArt: Kirstin Weigmann- Steckel bietet Coaching, Familienberatung, Paarberatung, Supervision und Beratung rund ums Thema Kinderschutz an. Mehr Informationen dazu findest du hier.
Alexander Gehl ist Ansprechpartner im Bereich Prävention der Polizei Potsdam. Das Angebot wird hauptsächlich von Schulen angefragt. Die Polizei geht bei Bedarf auch zu Vereinen und anderen Einrichtungen. Polizeipräsidium Brandenburg, Polizeiinspektion Potsdam: 0331.55 08 10 80
Tipps und eine Buchempfehlung zum Thema Prävention und Kinderschutz findest du auch hier.
Laut Kriminalstatistik 2019 werden jährlich 16.000 Kinder und Jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch. Die Statistik erfasst nur der Polizei bekannte Fälle, die tatsächliche Zahl ist um ein Vielfaches höher. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation gehen von jedem siebten bis achten Kind aus, das betroffen ist.
Die Broschüren „Mutig fragen – besonnen handeln“ und „Kinder schützen“ kannst du hier downloaden.
Die Kontaktdaten, zugehörigen Sozialräume und aktuellen Öffnungszeiten der Regionalteams findest du in unserem Familien-Branchenbuch.
EJF Beratungsstelle Lösungsweg Potsdam
Behlertstr. 27, 14469 Potsdam, 0331.620 77 99
www.ejf.de
EJF Beratungsstelle Lindenstraße
Lindenstr. 56, 14467 Potsdam, 0331.280 73 20
www.ejf.de
STIBB e.V.
Goethestr. 39, 14482 Potsdam, 0331.704 65 00, info@stibbev.de
www.stibbev.de
Caritas
Plantagenstr. 23, 14482 Potsdam, 0331.71 02 98
www.caritas-brandenburg.de
Außerdem berät zum Kinderschutz
Potsdamer Betreuungshilfe
Ginsterweg 1-3, 14478 Potsdam 0331.81 23 51
www.pbhev.de
Beratungsstelle Lichtblick
Am Bahnhof 11, 14806 Bad Belzig
033841.44 95 22, lichtblick.badbelzig@gfb-potsdam.de
www.beratungsstelle-lichtblick.de
Beratungsstelle Lichtblick
Bernhard-Kellermann-Str. 17, 14542 Werder/Havel
03327.57 39 31, 03327.57 39 32, lichtblick.werder@gfb-potsdam.de
www.beratungsstelle-lichtblick.de
EJF Beratungsstelle Lösungsweg Teltow
Potsdamer Str. 12A, 14513 Teltow, loesungsweg-teltow@ejf.de
www.ejf.de
STIBB e.V. – Sozial-Therapeutisches Institut Berlin-Brandenburg e.V.
Driftkamp 10, 14532 Kleinmachnow, 033203.226 74, info@stibbev.de
www.stibbev.de
Kontakt- und Beratungsstelle TARA
Parduin 9, 14770 Brandenburg/Havel, 03381.21 22 89 0, tara@ejf.de
www.ejf.de
Berliner Hotline Kinderschutz
030.61 00 66
www.berliner-notdienst-kinderschutz.de
Elterntelefon
0800.110 550
Kinder- & Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“
116 111
Hilfetelefon „Sexueller Missbrauch“
0800.22 55 530