Die Sommerpause ist vorbei, ein neues Schuljahr beginnt. Am ersten Elternabend steht dann in vielen Klassenzimmern die Wahl der Elternvertreter*innen an, die für eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt werden. Oft entsteht eine peinliche Stille, nur zögernd melden sich einige Freiwillige und sorgen für erleichtertes Aufatmen bei den übrigen Anwesenden. Elternvertreter*in werden, weil die anderen nicht wollen – das ist gar nicht so selten.
„So war es auch bei mir“, bestätigt Barbara Bliss, Mutter von drei Schulkindern in Potsdam. Vor sieben Jahren wurde sie erstmals Elternvertreterin an der Grundschule ihres ältesten Sohnes. Inzwischen ist die 48-Jährige außerdem Vorsitzende der Schulkonferenz an der Rosa-Luxemburg-Grundschule sowie Elternvertreterin an der Voltaire-Gesamtschule. „Ich wollte auch mal einen Blick hinter die Kulissen werfen und die Abläufe verstehen“, erklärt sie ihre Motivation. Bliss sieht sich nicht nur als Vertreterin der Elterninteressen, sondern auch als Vermittlerin zwischen Eltern und Schulleitung: „Eltern schimpfen ja schnell über Stundenpläne und fehlende Vertretungslehrer. Jetzt weiß ich, wo das Chaos herkommt und mit welchen Schwierigkeiten die Schulleitungen zu kämpfen haben. Und ich finde, dass die Schulen das meist ziemlich gut regeln.“
Je nach Schule ist die Mitwirkung von Eltern unterschiedlich stark ausgeprägt und erwünscht. In Potsdam sind die Rosa-Luxemburg-Grundschule und die Voltaire-Gesamtschule bekannt für ihre engagierten Eltern, deren Mitarbeit willkommen ist. „Wir konnten durch Demos und Briefe verhindern, dass die neue Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule eine Außenstelle der Voltaire-Schule wird“, sagt Bliss. Das hätte eine Schulleitung für zwei Standorte und ständig pendelnde Lehrer*innen bedeutet – ein Zustand, den weder Eltern noch Schulleitung wollten. Platzmangel, etwa für die Einnahme des Schulessens, ist ein weiteres Thema, das die Eltern seit Jahren beschäftigt.
An der Rosa-Luxemburg-Grundschule haben Eltern von Anfang an intensiv an der Entwicklung zur Verlässlichen Halbtagsgrundschule und am Schulprogramm mitgearbeitet. „Wir unterstützen die Schulleitung darin, an geeigneter Stelle auf die Problematiken hinzuweisen, die durch das rasante Wachstum der Schule entstehen können“, so Bliss. An der Schule werde Hand in Hand gearbeitet. „An einer anderen Grundschule hatte ich das vorher ganz anders erlebt“, sagt Bliss. „Mitwirkung war dort nicht erwünscht. Informationen, die für Eltern wichtig gewesen wären, wurden nur selten weitergegeben. Von Transparenz hielt die Schulleitung nichts.“
Die Mitwirkungsmöglichkeiten von Eltern sind im brandenburgischen Schulgesetz eindeutig geregelt. An manchen Schulen erhalten neugewählte Elternvertreter*innen zuerst ein Exemplar der kostenlosen Schrift. Auffindbar ist es auch im Internet auf den Seiten des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg. Eine weitere nützliche Quelle ist der Bildungsserver des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM). Dort finden sich viele wertvolle Informationen rund um das Thema Schule sowie nützliche Kontaktadressen. Eltern können sich dort Rat holen, wenn es in der Schule zu Konfliktsituationen kommt, sie Tipps für Elternversammlungen oder Unterstützung bei der Wahrnehmung ihrer Beteiligungsrechte brauchen.
Viele Elternvertreter*innen wissen gar nicht, dass es in ihrer Verantwortung liegt, Elternversammlungen zu organisieren. Die Elternkonferenz, in der alle Elternvertreter*innen zusammenkommen, darf auch Vertreter*innen in die Lehrerkonferenz schicken und Teilnehmende für die Schulkonferenz bestimmen. Hier werden wichtige Entscheidungen, zum Beispiel zur Schulordnung und zum Schulprofil, getroffen. Gibt es Bewerbungen für die Schulleitung, wird die Schulkonferenz ebenfalls angehört.
Das LISUM bietet regelmäßig kostenlose Fortbildungen von Eltern für Eltern an, die sich an der Schule ihrer Kinder engagieren möchten. Die Palette reicht von Mitwirkungsmöglichkeiten in den schulischen Gremien über ein Training für Gespräche mit Lehrer*innen und Schulleitung bis zur individuellen Beratung bei Konflikten zwischen Eltern und Schule. Auf Wunsch kommen die Fortbildner*innen auch in die Schulen. Außerdem veranstaltet das LISUM in seiner jährlichen Sommerakademie Workshops zu Bildungs‑, Erziehungs- und Mitwirkungsfragen.
Möglichkeiten, aktiv zu werden, gibt es viele: Elternvertretung und Gremienarbeit, Mitgliedschaft im Förderverein der Schule oder praktische Unterstützung bei Festen und Ausflügen. Wer sich engagiert, lernt den Lernort seines Kindes besser kennen und verstehen. Autorin: Maren Herbst
Infos für interessierte Eltern:
bildungsserver.berlin-brandenburg.de
www.landesrat-der-eltern-brandenburg.de
www.lisum.berlin-brandenburg.de
Aus PotsKids! September 2014