In der Woche gehen sie abends oft viel später ins Bett als die Eltern. Morgens überhören sie hartnäckig den Wecker und brummeln am Frühstückstisch nur unverständlich vor sich hin. Am Wochenende schlafen die Jugendlichen dann mindestens bis mittags. Willkommen in der Pubertät! In diesem neuen Lebensabschnitt ändert sich so vieles, da erstaunt es wenig, dass auch die Schlafgewohnheiten auf den Kopf gestellt werden.
Während Grundschulkinder zwischen 8 und 12 Stunden Schlaf benötigen, kommen Jugendliche nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) im Schnitt mit 7 bis 9 Stunden Schlaf aus. Der gesamte Schlafrhythmus verschiebt sich nach hinten. „Das hat allerdings eher etwas mit den veränderten Lebensgewohnheiten der Jugendlichen in der Pubertät zu tun, als mit dem breit angelegten Umbau des Körpers“, sagt Thomas Erler, Ärztlicher Leiter und Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik am Klinikum Westbrandenburg in Potsdam und Leiter des Kinder-Schlaflabors.
Permanent übermüdeten Jugendlichen rät er, auf mehr Schlafhygiene zu achten. Das heißt: Licht- und Lärmquellen sowie extreme Temperaturen im Schlafzimmer zu vermeiden, auf das Fernsehen und Computerspielen im Bett zu verzichten und vor dem Schlafengehen zur Ruhe zu kommen. Dabei können Rituale wie Musik hören, Lesen oder noch einmal mit dem Hund rausgehen helfen. Kontraproduktiv sind Alkohol, Sport, aufregende Filme und Computerspiele sowie angestrengtes Lernen direkt vor dem Schlafengehen. Gut ist es hingegen, sich tagsüber viel an der frischen Luft zu bewegen, um abends müde und entspannt einschlafen zu können. Wer Einschlafprobleme hat, sollte ab dem Mittag auf Koffein verzichten und tagsüber höchstens 20-Minuten-Nickerchen machen (und das auch nicht erst am späten Nachmittag).
Dass in der Pubertät alles ein bisschen durcheinander ist, ist völlig normal. Durchgemachte Nächte am Wochenende und Schlafen bis hinein in den Nachmittag gehören in den Ferien ebenfalls dazu. Allerdings lässt sich ein permanentes Schlafdefizit auf lange Sicht nicht aufholen. „Auch auf Vorrat zu schlafen, funktioniert nicht“, sagt Erler. „Wenn wir auf Dauer zu wenig schlafen, sammeln wir in unserem Leben eine Art Schlafschuld an, die den Alterungsprozess beschleunigen kann.“ Auch die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit leide.
Klar, können Eltern auch ihren pubertierenden Kindern gut zureden und Grenzen setzen, was das nächtliche Heimkommen angeht. Schwieriger wird es, wenn sie versuchen, den „Kindern“ vorzuschreiben, wann genau sie tatsächlich einschlafen sollen. „Dass Jugendliche ihr Schlafverhalten selbst steuern wollen, gehört zum Erwachsenwerden dazu“, sagt Erler. Mit der Zeit komme auch die Einsicht. Alles ganz normal also. (Maren Herbst)
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