Text (gekürzt & leicht geändert): Familienmagazin „Lausebande“, September 2015, Mitglied der Familienbande
Zum Geburtstag 50 Euro von Oma, zum Schulanfang ein paar Geldscheine, das Spielgeld im Kaufmannsladen – Kinder kommen heute schon früh mit Geld in Berührung. Im Kindergartenalter geschieht das noch spielerisch. Die Kleine darf die Münze fürs Eis selbst über die Theke reichen. Der Große verlangt vom jüngeren Bruder Eintritt, bevor er ihn ins Puppentheater im Kinderzimmer lässt: „Zwei Geld fünfzig, bitte!“ Wenn die Kinder dem Kindergartenalter entwachsen, in die Vorschule kommen oder spätestens mit dem Schulanfang beginnt für Eltern ein neuer Aspekt der Erziehung: Taschengeld und damit verbunden die ökonomische Bildung.
Wer den Nachwuchs im Umgang mit Geld fit machen möchte, sollte das immer entsprechend dem Alter tun. Kindergartenkinder haben ein völlig anderes Verständnis von Geld als Jugendliche. Mit zwei, drei Jahren registrieren die Kleinen im Eiscafé oder im Supermarkt, dass Dinge bezahlt werden. Für sie ist das Bezahlen eine Art Ritual oder Spiel, ökonomisches Verständnis fehlt ihnen noch. Bis etwa sechs Jahre können Kinder den Wert von Geld noch nicht erfassen. Hätten sie die Wahl zwischen einem 50-Euro-Schein oder fünf 10-Cent-Münzen – sie würden wohl den Geldschein verschmähen, aber keineswegs aus Bescheidenheit. Fünf klimpernde Münzen sind für Kindergartenkinder interessanter als ein Stück Papier.
Im Grundschulalter lernen Kinder den Wert von Münzen und Scheinen, sie verstehen jetzt, dass es zwischen dem Geld und der gekauften Ware eine Beziehung gibt. Auch die Bedeutung und Berechnung von Wechselgeld erschließt sich ihnen. Das in der Grundschule erlernte Rechnen ist dafür eine wichtige Grundlage. Der Nachwuchs entwickelt jetzt auch konkrete Preisvorstellungen, weiß, was teuer und preiswert ist und wie viel bestimmte Dinge kosten. Zum Ende der Grundschulzeit wissen Kinder, dass es nicht nur Bargeld, sondern auch EC-Karten und Konten gibt. Und dass Geld durch Arbeit verdient werden muss. Mit etwa zehn bis zwölf Jahren entwickeln sie ein abstrakteres Verständnis für Geld und Wirtschaft. Sie können etwas mit den Begriffen Gewinn und Verlust, Kostendeckung und Handelsspanne anfangen. Im Laufe der Pubertät wird das ökonomische Verständnis noch komplexer: Sie lernen die Mechanismen der Marktwirtschaft kennen: Angebot und Nachfrage, Wettbewerb, Profit, Aktien.
Nein. Als rechtliche Grundlage wird dennoch gern der sogenannte „Taschengeldparagraph“ angeführt: „Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.“ (BGB § 110)
Dieser Paragraph verpflichtet Eltern keineswegs zum Taschengeld. Er sichert vielmehr Händler*innen und Familien zu, dass es rechtlich zulässig ist, wenn sich Max ein Eis kauft oder Marie eine Tüte Gummibärchen. Das gilt allerdings erst für Kinder ab sieben Jahren. Bis zum siebenten Geburtstag sind Kinder „geschäftsunfähig“, das heißt, sie dürfen sich ohne Zustimmung der Eltern im Grunde nichts kaufen, weder Gummibärchen noch Eis. Im Alter von sieben bis siebzehn Jahren gilt der „Taschengeldparagraph“, allerdings beschränkt auf „normale“ Konsumgüter.
Eltern müssen – rein rechtlich gesehen – also kein Taschengeld zahlen. Warum sollten sie es dennoch machen? Die wichtigsten Gründe: Kinder lernen den Umgang mit Geld, sie übernehmen Verantwortung, sie werden selbständiger. Taschengeld hat also durchaus einen erzieherischen Wert. Wenn die Kleinen regelmäßig Taschengeld zu ihrer freien Verfügung erhalten, werden sie bald wichtige Lektionen lernen: Sie müssen sich ihr Geld einteilen, sie müssen mit einem bestimmten Betrag auskommen und sie müssen für größere Wünsche sparen. Kinder und Jugendliche können mit Taschengeld eigene Vorlieben und besondere Wünsche verwirklichen, und zwar ohne ständiges Nachfragen, ohne jedes Mal die Eltern um Erlaubnis zu bitten. Taschengeld ermöglicht somit ein Stück Selbstständigkeit und Selbstbestimmung. Damit lernen sie den Wert von Geld kennen. Sie merken, dass manche Dinge viel kosten, andere wenig, was billig und was teuer ist. Sie werden sinnvolle und scheinbar unnütze Sachen kaufen, sie werden sich vielleicht über Fehlkäufe ärgern und über Schnäppchen freuen. Zugleich lernen die Kinder, dass Geld nicht unbegrenzt zur Verfügung steht.
Taschengeld kann auch dazu beitragen, dass (ältere) Kinder nicht ausgegrenzt werden. Wenn alle Freunde bereits Taschengeld bekommen, sollte man es dem eigenen Kind nicht mehr verwehren. Zudem ermöglicht das Geld den Kindern, mit ihren Freunden ins Kino zu gehen oder gemeinsam Eis zu essen.
Taschengeld ist also durchaus sinnvoll und wichtig. Spätestens mit dem Schuleintritt sollte es regelmäßige Beträge geben. Wer es seinem Kind zutraut, kann auch schon in der Vorschule oder nach dem vierten Geburtstag damit beginnen. Das ist ganz individuell und hängt auch davon ab, wie selbständig das Kind schon ist und ob es schon ein gewisses Verständnis für Zahlen, Mengen und Geld hat.
Im Vorschul- und Grundschulalter gilt: Das Taschengeld sollte wöchentlich ausgezahlt werden. Einen ganzen Monat können jüngere Kinder noch nicht überblicken und unter Umständen ist das Geld schon am Tag der Auszahlung ausgegeben. Das Taschengeld sollte von Seiten der Eltern, wie vereinbart, regelmäßig ausgezahlt werden. Das Taschengeld sollte altersgerecht in der Höhe sein. Richtwerte für die Höhe des Taschengeldes, abhängig vom Alter, hat das Deutsches Jugendinstitut herausgegeben (s. Infokasten).
Bereits Siebenjährige können mit Zustimmung der Eltern ein Girokonto bekommen. Kinder sollten jedoch erst ein grundsätzliches Gefühl für Geld und einen Überblick über ihre Finanzen haben, bevor sie bargeldlos zahlen, das ist meistens so um den zwölften Geburtstag der Fall. Wichtig dabei: Auch wenn die Eltern dem Giro- oder Sparkonto zustimmen müssen und die Vollmacht dafür haben, gehört das Vermögen den Kindern. Die Eltern dürfen von dem Guthaben also nichts für den nächsten Urlaub oder die Kinderzimmer-Einrichtung nehmen.
Der Vorteil eines Girokontos für Jugendliche unter achtzehn Jahren: Die Kinder erlernen den Umgang mit bargeldlosem Verkehr. Sie begreifen, dass man Geld auch ohne Scheine und Münzen ausgeben kann. Unter Achtzehnjährige bekommen keinen Dispo, sie können ihr Konto nicht überziehen und sich nicht verschulden – zumindest nicht bei der Bank. Auch eine Kreditkarte ist eine Option, für unter Achtzehnjährige eignen sich am besten sogenannte Prepaid-Kreditkarten. Sie werden mit einem bestimmten Betrag aufgeladen. Ist das Geld ausgegeben, kann man nicht mehr mit der Karte bezahlen – Überziehen ist auch hier nicht möglich. Da gerade das bargeldlose Bezahlen dazu verleitet, mehr auszugeben, als man eigentlich zur Verfügung hat, ist das eine ganz wichtige Lektion für junge Menschen. Zudem sollte auch bei bar gezahltem Taschengeld möglichst kein „Kredit“, sprich Vorschuss, gewährt werden, damit Kinder lernen, mit ihrem Geld zu haushalten.
Das Thema Noten und Taschengeld ist schwierig. Einige Eltern zahlen eine kleine Extra-Prämie, wenn der Nachwuchs sehr gute Noten mit nach Hause bringt. Ein Problem dabei: Kinder, die sich in der Schule schwer tun, werden doppelt bestraft – mit schlechten Noten und der ausbleibenden Prämie. Gerade bei Geschwistern kann das schwierig werden. Eine schöne Alternative kann ein gemeinsamer Besuch im Eiscafé zum Ferienstart sein – unabhängig davon, ob auf dem Zeugnis mehr Einsen oder mehr Vieren stehen.Auch Taschengeld(entzug) als Erziehungsmittel ist kritisch zu betrachten. Das Geld sollte unabhängig von Wohlverhalten ein fester Bestandteil des Alltags sein!
Ebenso wichtig, wenn auch manchmal nur mit tiefem Durchatmen zu akzeptieren: Die Kinder dürfen sich von dem Geld kaufen, was sie möchten. Ganz gleich, ob es der Lolli, die Sammelkarte oder das zwanzigste Kuscheltier ist: Eltern sollten sich nicht einmischen und sich gutgemeinte Ratschläge verkneifen. Taschengeld ist Haushalten für Anfänger*innen. Die Kleinen müssen den Umgang mit Geld also erst üben, dazu gehören auch Fehlkäufe. Solche Erfahrungen müssen die Kinder selbst machen, wenn sie lernen sollen, mit Geld umzugehen. Wenn Kinder das wünschen, können die Eltern ihren Rat anbieten und Tipps geben. Bei älteren Kindern sollte man absprechen, was vom Taschengeld bezahlt werden muss: Nur Süßigkeiten, Zeitschriften, Spiele oder auch Schulzeug und Klamotten? Dann sollte das Taschengeld entsprechend höher ausfallen oder besser gleich ein Budgetgeld vereinbart werden.
Für Jugendliche ab etwa vierzehn Jahren kann zusätzlich zum Taschengeld auch ein Budgetgeld gezahlt werden. Während sich die Kinder vom Taschengeld zusätzliche Wünsche erfüllen sollen, ist das Budgetgeld für notwendige Anschaffungen gedacht: Schulsachen, Verpflegung unterwegs, Kleidung. Wie beim Taschengeld wird ein fester Betrag gemeinsam vereinbart und regelmäßig ausgezahlt. Davon kauft das Kind dann Schulbücher, Füller, Mittagessen, Stiefel, Sommermantel etc. selbst. Das Kind muss Verantwortung für wichtige Anschaffungen übernehmen und Einteilen lernen. Es gibt keinen Streit mehr darum, ob es wirklich die Markenschuhe sein müssen. Will die Tochter unbedingt die 100-Euro-Hose, muss sie auf etwas anderes verzichten.
Eltern sollten sich überlegen, wie sie damit umgehen, wenn das Budgetgeld ausgegeben, aber eine wichtige Anschaffung nötig ist. Wichtig ist eine klare Trennung von Taschengeld und Budgetgeld. Beispielsweise könnte man das Taschengeld bar auszahlen und das Budgetgeld aufs Girokonto überweisen. Wer Budgetgeld erstmals einführt, sollte zunächst nur mit einem Teilbereich, zum Beispiel Kleidung, anfangen und nach geglückter Mission erweitern. Die Höhe ist vorab schwer zu kalkulieren und kann gegebenenfalls nach ein paar Monaten neu verhandelt werden
Gelderziehung funktioniert nicht nur über Reden, sondern auch nebenbei durch Vorleben. Sparsame Eltern werden vermutlich eher sparsame Kinder großziehen. Daher ist eine wichtige Voraussetzung für ökonomische Bildung schon bei Kleinen die Vorbildfunktion der Eltern. Dazu gehört Erstens: die Eltern sollten den ihrer Meinung nach richtigen Umgang mit Geld vorleben. Zweitens: über Geld spricht man doch! Auch wenn in unserer Gesellschaft Geld oft noch ein Tabuthema ist. In der Familie sollte Geld immer wieder Thema sein, nicht nur bei der Diskussion um die Höhe des Taschengeldes. Schon Dreijährigen kann man im Supermarkt erklären, warum man die preiswertere Marmelade kauft. Schulkinder können durchaus wissen, wieviel Geld ihre Eltern verdienen, welche Ausgaben für Miete etc. regelmäßig anstehen. Und für gemeinsame Anschaffungen oder Urlaube kann man schon ab einem gewissen Alter mit den Kindern zusammensitzen und sie an der Planung teilhaben lassen. Ziel sollten dabei die Beteiligung an Entscheidungen über bestimmte Familienausgaben und eine gewisse Transparenz sein.
Umgang mit Geld ist ein wichtiges Thema – Taschengeld ermöglicht es Kindern und Jugendlichen, nicht nur eigene Wünsche unabhängig von den Eltern zu erfüllen, sondern vor allem entwickeln sie durch den regelmäßigen Umgang mit Geld ökonomische Kompetenzen, die sie bei wachsendem Konsumdruck im Jugendalter gut brauchen können!
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