Text: Detlef Träbert
Das Jahreszeugnis vor den Sommerferien wirkt auf Kinder sehr unterschiedlich, je nachdem, wie es ausgefallen ist. Viele Schülerinnen und Schüler bringen es strahlend und voller Freude nach Hause, andere hingegen sind traurig oder stecken gar voller Angst vor den befürchteten Reaktionen ihrer Eltern. Hier sind zehn Tipps, wie Mütter und Väter (und auch Großeltern!) positiv reagieren können:
- Versuchen Sie, vor dem Gespräch über seine Noten die Gefühle Ihres Kindes zu erkennen. Reden Sie ihm seine Angst nicht aus, falls es ängstlich ist, sondern akzeptieren Sie sie: „Ich merke, du hast Angst, aber du kannst mir ruhig erzählen, was dich bedrückt.“ Sollte es sich über manche Note ärgern, so lassen Sie es seinen Ärger aussprechen und fühlen Sie verstehend mit. Und wenn es sich über die eine oder andere Note freut, so freuen Sie sich mit ihm!
- Lassen Sie Ihr Kind erzählen, was es zu seinen Noten und den Bemerkungen im Zeugnis meint, was ihm in der Schule Spaß gemacht hat und bei welchen Lehrer*innen es sich besonders wohl fühlt. So können Sie am besten erkennen, ob es überfordert ist oder nicht. Es geht ja nicht um „Schuld“, sondern ums Überlegen, wie möglicherweise bessere Arbeitsergebnisse erreicht werden können.
- Geschenke oder Geld fürs Zeugnis bergen immer die Gefahr, die Beziehung zum Kind zu einer „Geschäftsbeziehung“ zu machen. Viel besser wäre es, das Jahreszeugnis grundsätzlich und unabhängig von den Noten zu feiern, zum Beispiel mit einem Besuch in der Pizzeria oder dem Eiscafé.
- Für Ihr Kind ist es extrem wichtig, spüren zu können, dass es geliebt wird – unabhängig von Noten und Schulleistungen. Das Lernen fällt leichter, wenn das Gefühl da ist, dass Sie immer zu ihm stehen.
- Dazu gehört auch, seine Noten nicht mit denen der Mitschüler*innen oder Freund*innen zu vergleichen. Konkurrenz belebt in diesem Fall nicht das Geschäft, sondern führt zu Rivalität und dem Gefühl, weniger gemocht zu werden als andere.
- Zeigen Sie Ihrem Kind lieber, welche Fortschritte es im Vergleich zum Anfang des Schuljahres gemacht hat. Jedes Kind macht Fortschritte! Daran kann es wachsen und sein Selbstwertgefühl steigern. Noten drücken die Lernfortschritte leider nicht klar aus.
- Waren die Zensuren nicht zufriedenstellend, ist es wichtiger, auf die trotz allem gemachten Lernfortschritte zu schauen als auf die Ziffern. Außerdem machen Kinder auch Fortschritte, die sich im Zeugnis nicht niederschlagen, ob sie besondere Talente haben, sehr sportlich sind, handwerklich oder künstlerisch begabt. Und wie sie mit anderen Menschen oder mit Tieren umgehen, kommt im Zeugnis normalerweise überhaupt nicht vor, obgleich das lebenswichtig ist.
- Wenn Noten schlecht waren, brauchen Kinder allerdings Hilfestellungen. Sie sollten an dem Punkt mit dem Lernen anfangen, wo Erfolge leicht möglich sind, denn das baut die Motivation wieder auf. Ohne Hoffnung auf Erfolg wäre der nächste Fehlschlag vorprogrammiert.
- Im gemeinsamen Gespräch mit den Lehrkräften können Sie klären, was dem Kind schwer zu fallen scheint und was verändert werden sollte. Durch solche Dreiergespräche lernen Lehrer/-innen viel über das außerschulische Leben der Kinder und Eltern eine Menge über die Zwänge der Schule.
- Was immer hilfreich ist, um Kinder aufzubauen, sind Gespräche über die eigenen Erfahrungen ihrer Eltern als Schülerin oder Schüler. Auch wir Erwachsenen waren früher nicht immer perfekt, hatten Ängste und kassierten manchmal eine schlechte Note. Und es hilft uns sehr, den Nachwuchs besser zu verstehen, wenn wir uns an die eigenen früheren Erfahrungen erinnern.
Detlef Träbert ist Autor zahlreicher Ratgeberbücher über schulisches Lernen und Kindererziehung. Der Diplom-Pädagoge hält Elternvorträge in Schulen und Kitas. Mehr Infos unter: www.schubs.info