Das Familienmagazin für Potsdam und Umgebung

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Das Familienmagazin für Potsdam und Umgebung

Text: Antje Kösterke-Buchardt

Selektiver Mutismus betrifft Menschen, die konsequent und hartnäckig in ganz bestimmten Situationen oder auch bei bestimmten Personen schweigen, obwohl sie grundsätzlich fähig sind zu sprechen und es in vertrauten Situationen auch unbefangen tun.

Etwa 1 von 100 Kindern zeigt ein solches Verhalten, wobei Mädchen etwa 1,5 Mal häufiger davon betroffen sind als Jungen. Selektiver Mutismus tritt erstmals zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr auf. Ganz wichtig ist, dass kein Kind schweigt, weil es dies will, und das Schweigen ist kein Ausdruck von Trotz oder Protest. Die Kinder leiden unter ihrem Schweigen und sind bei Nichtbehandlung langfristig in ihren sozialen Verhaltensweisen und damit in ihrer kindlichen Entwicklung beeinträchtigt. Sie können nicht ihrem Alter entsprechend am sozialen Leben ihrer Umwelt teilnehmen.

Eine direkte Ursache ist nicht bekannt. Vielmehr wirken viele verschiedene Faktoren zusammen, die schließlich zum konsequenten Schwei­gen führen. Aber oft betrifft es eher ängst­liche Kinder. Fast 50 Prozent der Kinder mit selektivem Mutismus zeigen weitere sprachliche Auffälligkeiten. Andere Kinder zeigen zusätzlich Unsicherheiten im Sozialverhalten.

Risikofaktoren für selektiven Mutismus können das familiäre Lernumfeld, die sprachliche Entwicklung, Migration (zum Beispiel durch die Mehrsprachigkeit) und einschneidende Lebensereignisse sein. Wichtig ist eine ausführliche Untersuchung, nicht nur um andere Entwicklungsbeeinträchtigungen auszuschließen, sondern auch, um eine entsprechende Behandlung einzuleiten. Als erste Ansprechpersonen sind hier die Kinderärzt*innen zu nennen. Dort werden dann die weiteren Diagnostikschritte und Therapiemöglichkeiten besprochen.

Wurde die Diagnose „Selektiver Mutismus“ gestellt, muss die richtige Therapieform gefunden werden. Es gibt nicht die eine Therapie, sondern es bleibt im Einzelfall zu entscheiden, was am besten für das Kind ist. Neben der sprachtherapeutischen Behandlung gibt es auch die Möglichkeiten der heilpädagogischen Förderung, der Psychotherapie und in vereinzelten Fällen auch der medikamentösen Therapie, begleitend zu den anderen Therapien. Allgemeine Förderhinweise lassen sich nur schwer geben, da für jedes Kind individuell geschaut werden muss, was für das Kind gut funktioniert. In erster Linie sollte es darum gehen, die Ängste des Kindes zu reduzieren, die nonverbale Kommunikation sowie die soziale Interaktion zu stärken, bevor am Sprechen gearbeitet wird.

Unser Buchtipp: „Nenn mich Löwe“

Antje Kösterke-Buchardt
Dipl.-Patholinguistin, Dyslexietherapeutin, Entspannungspädagogin
Logopädische Praxis im HNC
www.logopaedie-im-hnc.de

Foto: © FlischPic Fotografie

Die Klassenfahrt in der ersten Klasse wird auf dem Elternabend besprochen. „Und wie sieht es mit dem Thema Einnässen aus?“, fragt die Lehrerin, „sollen wir da etwas beachten?“ Ulrike ist erleichtert, dass das Thema zur Sprache kommt, denn ihr Sohn macht nachts manchmal noch ins Bett. Ihr wäre das Thema zu peinlich gewesen, um es in der großen Runde anzusprechen, doch da die Lehrerin von sich aus darauf kommt, meldet sie sich gleich zu Wort. Auch ein paar andere Eltern scheinen erleichtert zu sein …

Text: Jasmin Zeitz

Erster Faktencheck und Leitfaden für Eltern

Üblich ist zunächst die Unterscheidung zwischen dem meist funktionell bedingten Einnässen im Wachzustand, der Harninkontinenz bei Tag, und der Harninkontinenz im Schlaf (Enuresis nocturna).

Die Funktion der Blase und deren Kontrolle unterliegt einem altersbedingten, sehr komplexen Reifungsprozess und ist erst zwischen dem 5. und 6. Lebensjahr abgeschlossen. Reifen heißt, sich entwickeln, was bedeutet, dass neben dem Alter des Kindes auch seine Lebenssituation eine Rolle spielen kann. Ebenso sind kulturelle und soziale Aspekte zu berücksichtigen.

Bei Kindern unter dieser Altersgrenze gilt unkontrollierter Urinabgang somit zunächst als normal und wird in der Regel dem noch unreifen funktionellen Zusammenspiel von Gehirn, Niere und Blase zugeordnet.

Vom unkontrollierten Einnässen als medizinische Diagnose spricht man erst nach dem vollendeten 5. Lebensjahr und auch nur dann, wenn das Einnässen mehrfachund über mindestens drei Monate hinweg auftritt.

Was können Sie selbst tun?

Nutzen Sie vorerst seriöse Informationsmöglichkeiten in Ihrem Umfeld (*s. u.). Ungewolltes Einnässen entsteht aus einer Kombination verschiedener (vor allem funktioneller) Faktoren, diese gilt es zu berücksichtigen! Organische Ursachen sind eher selten, aber auch diese sollten unter Umständen abgeklärt werden. Machen Sie sich vor allem bewusst: Ihr Kind, das einnässt, tut es nicht absichtlich.

Vielleicht kennen Sie diese Situation auch aus der eigenen Kindheit. Vorwurfsvolle oder beschämende Reaktionen sind schädlich. Bleiben Sie entspannt und zeigen Sie sich Ihrem Kind gegenüber geduldig. Die meisten Kinder entwachsen dem Einnässen im Verlauf des Grundschulalters.

Tritt eine Enuresis auf, nachdem Ihr Kind bereits für eine längere Phase trocken war, können psychosoziale Stressfaktoren oder psychische Belastungen eine Rolle spielen. Überlegen Sie zunächst für sich, welche Faktoren in Ihrer Familie hier zum Tragen kommen könnten: Wie geht es Ihnen gerade selbst? Gibt es angespannte Situationen in Ihrer Partnerschaft oder vielleicht Familienzuwachs bzw. ein Geschwisterkind? Neue Lebensumstände, wie Einschulung, Umzug etc., können verunsichern und ängstigen.

Sprechen Sie diese Dinge sehr behutsam und altersgerecht an – Kinder in jungen Jahren sind mit der Frage nach dem „Warum“ oft hoffnungslos überfordert. Sie empfangen und reagieren eher auf das Atmosphärische in ihrem Umfeld, sind vielleicht angespannt oder sogar traurig, ohne dass sie genau benennen können, warum sie belastet sind. Nicht ohne Grund nennt man im therapeutisch-seelischen Kontext die überlaufende Blase den Ort „nicht geweinter Tränen“. Hier ist es immer hilfreich, sich Unterstützung zu holen.

In meiner Praxis biete ich Eltern zunächst ein gemeinsames Gespräch ohne ihr Kind an. Gemeinsam sortieren wir die Situation, überlegen entlastende Maßnahmen für Ihr Kind, aber auch für Sie als Eltern. Fragen („Soll ich mein Kind nachts wecken?“ oder Lehrkräfte informieren – ja oder nein? etc.) sollten in einem auf die Familie zugeschnittenen Kontext geklärt werden. Jede Familie hat ihre individuellen Bedürfnisse und Gewohnheiten. Inner-familiäre und vor allem gesellschaftliche Wertungen spielen beim Thema Kontinenz eine nicht zu unterschätzende Rolle. Nicht selten entsteht erst eine psychische Belastung aufgrund des Umgangs, obschon zunächst (bei einem vielleicht älteren Kind) rein organische Gründe vorlagen.

Können Sie dann mit unterstützender Beratung als Eltern entspannter mit dieser Thematik umgehen, erübrigt sich häufig eine Therapie fürs Kind – auch wenn die Waschmaschine schon wieder läuft …

*Weiterführende Informationen:
KgKs Konsensgruppe
Kontinenz Schulung im Kindesalter e.V.
www.Kontinenzschulung.de
Die KgKs vereint Informationen von Ärzt*innen der Kinder- und Jugendmedizin; Kinderurolog*innen, Urotherapeut*innen, Pädagog*innen, und Psychotherapeut*innen.

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