Das Familienmagazin für Potsdam und Umgebung

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Das Familienmagazin für Potsdam und Umgebung

Foto: Vic Joly/AdobeStock

Mein Kind spricht nicht mit jedem!

Text: Antje Kösterke-Buchardt

Selektiver Mutismus betrifft Menschen, die konsequent und hartnäckig in ganz bestimmten Situationen oder auch bei bestimmten Personen schweigen, obwohl sie grundsätzlich fähig sind zu sprechen und es in vertrauten Situationen auch unbefangen tun.

Etwa 1 von 100 Kindern zeigt ein solches Verhalten, wobei Mädchen etwa 1,5 Mal häufiger davon betroffen sind als Jungen. Selektiver Mutismus tritt erstmals zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr auf. Ganz wichtig ist, dass kein Kind schweigt, weil es dies will, und das Schweigen ist kein Ausdruck von Trotz oder Protest. Die Kinder leiden unter ihrem Schweigen und sind bei Nichtbehandlung langfristig in ihren sozialen Verhaltensweisen und damit in ihrer kindlichen Entwicklung beeinträchtigt. Sie können nicht ihrem Alter entsprechend am sozialen Leben ihrer Umwelt teilnehmen.

Eine direkte Ursache ist nicht bekannt. Vielmehr wirken viele verschiedene Faktoren zusammen, die schließlich zum konsequenten Schwei­gen führen. Aber oft betrifft es eher ängst­liche Kinder. Fast 50 Prozent der Kinder mit selektivem Mutismus zeigen weitere sprachliche Auffälligkeiten. Andere Kinder zeigen zusätzlich Unsicherheiten im Sozialverhalten.

Risikofaktoren für selektiven Mutismus können das familiäre Lernumfeld, die sprachliche Entwicklung, Migration (zum Beispiel durch die Mehrsprachigkeit) und einschneidende Lebensereignisse sein. Wichtig ist eine ausführliche Untersuchung, nicht nur um andere Entwicklungsbeeinträchtigungen auszuschließen, sondern auch, um eine entsprechende Behandlung einzuleiten. Als erste Ansprechpersonen sind hier die Kinderärzt*innen zu nennen. Dort werden dann die weiteren Diagnostikschritte und Therapiemöglichkeiten besprochen.

Wurde die Diagnose „Selektiver Mutismus“ gestellt, muss die richtige Therapieform gefunden werden. Es gibt nicht die eine Therapie, sondern es bleibt im Einzelfall zu entscheiden, was am besten für das Kind ist. Neben der sprachtherapeutischen Behandlung gibt es auch die Möglichkeiten der heilpädagogischen Förderung, der Psychotherapie und in vereinzelten Fällen auch der medikamentösen Therapie, begleitend zu den anderen Therapien. Allgemeine Förderhinweise lassen sich nur schwer geben, da für jedes Kind individuell geschaut werden muss, was für das Kind gut funktioniert. In erster Linie sollte es darum gehen, die Ängste des Kindes zu reduzieren, die nonverbale Kommunikation sowie die soziale Interaktion zu stärken, bevor am Sprechen gearbeitet wird.

Unser Buchtipp: „Nenn mich Löwe“

Antje Kösterke-Buchardt
Dipl.-Patholinguistin, Dyslexietherapeutin, Entspannungspädagogin
Logopädische Praxis im HNC
www.logopaedie-im-hnc.de

Foto: © FlischPic Fotografie

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