In unserer Rubrik „Angeschaut & Ausprobiert“ seid ihr eingeladen, mit Freund:innen oder der ganzen Klasse mitzumachen und Potsdamer Museen, Kulturhäuser, Orte für Kinder oder ganz besondere Veranstaltungen zu erkunden. Wer zwischen 8 und 12 Jahren alt ist und Lust dazu hat, meldet sich per E‑Mail bei uns: ausprobiert@potskids.de.
Diesmal waren wir im Potsdam Museum und haben uns dort für euch umgeschaut.
Text & Fotos: Tina Hoffmann
Lokalgeschichte ist für Kinder nicht unbedingt spannend – es sei denn, sie ist kindgerecht aufbereitet und ein Erlebnis für die Sinne. So wie die regelmäßige Familienführung „Potsdams Geschichte(n) aus dem Koffer“ im Potsdam Museum, die Kids auf eine Zeitreise durch 1.000 Jahre Stadthistorie mitnimmt.
Die Tour begann im ersten Stock an der Fensterfront mit Blick auf den Alten Markt. Mit dabei waren Jule (8), Nuha (9), Hannah (6) und Marina (6), die schon etwas aufgeregt erzählten, was sie sahen. Das Schloss, das heute, wie sie erfahren, keines mehr ist, die Nikolaikirche, den Obelisken und Säulen. Die gehören zum alten Rathaus, in dem wir uns befinden – für die jungen Besucherinnen die erste erstaunliche Info.
Dann nichts wie ab in die Dauerausstellung „Potsdam. Eine Stadt macht Geschichte“. Mit dabei: Ein brauner Koffer, der sich als Symbol an etlichen Vitrinen wiederfindet. So auch direkt zu Beginn der Ausstellung an dem Schaukasten mit einer Schenkungsurkunde. Was ist eine Urkunde, woraus wurde sie gemacht, woraus besteht Pergament, was ist ein Siegel und kann man mit drei Jahren eigentlich schon König sein? Allein rund um dieses erste Exponat gibt es unglaublich viel zu entdecken und die Kinder hatten viele Fragen. Witzig fanden alle, dass Potsdam in dem Dokument noch „Poztupimi“ hieß. Das Original liegt allerdings in einem Archiv. „Sonst wäre das auch ziemlich wertvoll, oder?“, wollte Jule wissen. Ja, aber im Museum gibt es auch viele tatsächlich alte Stücke und das waren von da an auch immer die ersten Fragen: „Ist das echt?”, „Ist das alt?”, „Ist das wertvoll?”.
Weiter ging es vorbei an Vitrinen mit ausgegrabenen Scherben, der Frage nach Archäologie und einem Kruzifix, zu dem die Kinder einiges wissen wollten. Von Jesus haben alle schon gehört – ebenso wie von Friedrich dem Großen. Vor seinem Gesicht auf Marmor ist die nächste Station. Anfassen ist nicht erlaubt, aber aus dem Koffer holte Anke ein paar kleine Marmorsteine, damit alle mal fühlen können. Warum nannte man Friedrich eigentlich den Großen? Lag das vielleicht an seiner Nase? Hannah vermutete, dass er vielleicht viel gelogen hat, und erzählte auch ganz aufgeregt, dass sie mit ihrer Kita schon sein Schloss besucht hat und sie Kartoffeln auf sein Grab gelegt haben. Ein fantastisches Stichwort: Kartoffeln. Die Geschichte, mit welchem Trick der Monarch dafür gesorgt hat, dass sein Volk Kartoffeln isst, wurde aus einem Bilderbuch vorgelesen. Jule hatte allerdings Zweifel, ob das so auch wirklich stimmt.
Die nächsten Themen waren Jagd, Waffen und auch fürstliche Feste. Die Kinder setzten sich vor ein Poster, auf dem eine Feier unter Adligen zu sehen war. Das war sehr teuer, aber warum? Unter anderem wegen der Kleidung. Stoffe, vor allem Seide, waren damals sehr wertvoll. Mit der Geschichte über den Brand in der Nikolaikirche ging es weiter zu einem alten Schreibtisch mit Geheimfach. Hier versammelten sich alle um den Koffer, aus dem nun ganz viele Schätze geholt wurden. Der Kokon einer Seidenraupe, Seide, Blattgold und eine Feder, die damals zum Schreiben diente. Marina dachte erstmal an einen Schwan, allerdings stammen die Schreibfedern von Gänsen.
Auch geschliffenes Glas durfte befühlt werden – das wird nur wenige Schritte weiter aus dem Koffer gezaubert. Alles zum Anfassen stieß auf großes Interesse. Das Schöne an der Führung war aber auch, dass kein festes Programm abgespult wurde, sondern dass letztlich die Kinder bestimmten, worüber geredet wurde. Wo Interesse bestand und Fragen auftauchten, dort wurde weitergemacht. Und es tauchten wirklich viele Fragen auf. Eine kleine Verschnaufpause legte die Gruppe an einem eigentlich eher unspektakulären Exponat ein, einem alten Stuhl. Warum man auf dem nicht sitzen darf, fanden alle sehr spannend.
Eigentlich ist für die Veranstaltung eine Stunde vorgesehen, die war allerdings schon längst überschritten, als das Ende der Ausstellung noch lange nicht erreicht war. Ob sie denn noch weitermachen wollen? Das eine oder andere Gähnen gab es zwar bereits, aber noch wollten sie mehr erfahren. Inzwischen war die Führung geschichtlich bei den Weltkriegen angekommen. Kein leichtes Thema. Die Kinder wussten aber schon, dass es die Kriege gab, interessierten sich für das Thema Bombenentschärfung, für die gezeigten Uniformen, Helme und Feldwasserflaschen. Nach anderthalb Stunden überwog dann aber endgültig die Erschöpfung.
Anke war richtig stolz auf die Besucherinnen, weil sie schon so viel wussten und sich für so viel interessierten. Sie öffnete eine kleine Schatztruhe und jede durfte zweimal reingreifen. Was ihnen am besten gefallen hat? Da war die Antwort einstimmig: „Alles“. Nuha fand allerdings den Schreibtisch mit Geheimfach am allerspannendsten, Hannah hingegen Jesus. Und Jule war begeistert, dass sie so viel von Potsdam in alter Zeit gesehen hat. Insgesamt war es für alle definitiv ein tolles Erlebnis, das es geschafft hat, Lokalgeschichte für Kinder mitreißend zu vermitteln.
Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte, Am Alten Markt 9, 14467 Potsdam
Anmeldung zur den Familienführungen:
museumsservice@rathaus.potsdam.de, 0331.289 68 68 (Di-So 12-18 Uhr)